Obstbaumschnitt – Kurzseminar der Fachberatung am 19.2.2022

„Ich schätze, dass 30 Leute kommen“, vermutete Annette Welling, Fachberaterin der Gartenstadt um 9.45 Uhr. Dabei wusste noch einen Tag vorher niemand, ob das Seminar überhaupt stattfinden konnte, denn bis spät in die Nacht hinein war Sturmtief „Zeynep“ über Deutschland gezogen. Es hatte auch in Waltrop Bäume entwurzelt, Äste abgeknickt und in der Gartenstadt einige Gewächshäuser beschädigt.

Als dann um 10 Uhr die Sonne rauskam und 29 Interessierte den zunächst theoretischen Ausführungen der Dozentin Rita Lohmann lauschten, war nicht nur Annette Welling zufrieden. Rita Lohmann, Diplom-Ingenieurin für Landschaftsarchitektur (FH), führt zusammen mit ihren Geschwistern Claudia und Thomas Lohmann die gleichnamige Gärtnerei in Olfen Vinnum und erklärte nun schon im 7. Jahr den Waltropern den Schnitt von Obstgehölzen.

 

Ein wenig Theorie

Die Expertin zeigte zunächst den Unterschied zwischen einer Bypass-Schere mit zwei scharfen Klingen und einer Amboss-Schere mit einer Klinge und stumpfem Gegenstück. Der Vorteil eines sauberen Schnitts ohne Quetschung, an der sich Pilze ansiedeln könnten, spreche für die Bypass-Schere. Wichtig sei aber auch bei der Bypass-Schere der richtige Schnittwinkel.

Dann wurde der optimale Aufbau eines Obstbaumes erläutert, der hier für alle, die nicht teilnehmen konnten, kurz zusammengefasst wird:

  •  Ziel ist ein Pyramiden-Aufbau, der den gesamten Baum gut durchlüften und besonnen kann.
  • Ideal sind ein senkrechter Leittrieb, der die Spitze des Baumes bildet, und mehrere seitliche Gerüsttriebe, die gleichmäßig am Stamm verteilt sind. Daran sitzen einjährige Triebe und Fruchtholz.
  • Die Seitentriebe werden so gekürzt, dass auf 3 bis 4 Ebenen die Spitzen jeweils auf gleicher Höhe liegen. Dies wird Saftwaage genannt, da der Saftstrom des Baumes dann ausgeglichen ist. Das fördert ein gleichmäßiges Wachstum. Eine genauere Beschreibung befindet sich auch hier auf der Homepage unter: „Fachberatung“ – „Saftwaage
  • Unabhängig vom Aufbau werden immer Triebe entfernt, die mit anderen konkurrieren, sich kreuzen (Gefahr von Reibung an der Rinde), nach innen oder steil aufrecht wachsen.
  • Der beste Zeitpunkt ist entweder von Januar bis Mitte März (Winterschnitt), soweit es nicht unter -4 °C friert, oder im Juli (Sommerschnitt).
  • Ein Schnitt empfiehlt sich spätestens alle 3 bis 4 Jahre.

 

Ran an den Baum

Am Beispiel verschiedener Obstgehölze in der Anlage konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch selbst Hand anlegen. Gerade die praktische Umsetzung fand reges Interesse, denn das Gelernte umzusetzen war natürlich Ziel aller. Und so wurde schnell deutlich, dass theoretisches Wissen nicht immer eins zu eins auf die Praxis übertragbar ist. Die einen seufzten: „Bei unserem Baum zu Hause sieht das ganz anders aus.“ Die anderen fragten sich, ob sie die richtige Haltung der Schere irgendwann verinnerlichen werden. Es tauchten immer wieder neue Fragen auf, die von Rita Lohmann nach dem Prinzip „Learning by doing“ bereitwillig geklärt wurden.

Außerdem konnte sie schnell die Angst vor dem „falschen“ Schnitt nehmen. Außer bei Pflaumen und Mirabellen, die nicht ganz so schnittverträglich sind, könne nach Aussage der Expertin außer einer geringen Ernte nicht viel passieren, wenn man sich an die wichtigsten Grundlagen halte. Zudem gebe es auch nicht den einen richtigen Schnitt. Vielmehr führen viele Weg zu einem gesunden und reich tragenden Obstgehölz.

 

Ran an die Suppe

Nach zwei Stunden Rundgang durch die Anlage waren alle Anwesenden durch den kalten Wind so durchgefroren, dass die Einladung der Fachberatung zu einer heißen Linsensuppe aus der „Wunderbar“ gerade Recht kam. Mit leckerer Suppe und einem Becher heißem Kaffee konnten auch die letzten Fragen geklärt werden. 

© Text by GSW: M.Fu

Bilder zum Seminar

Gute Schere - schlechte Schere